In unzähligen Variationen stehen die Häuser traditioneller sibirischer Holzbaukunst als orthodoxer Kirchen, Lagerhäuser, Kaufmannsvillen und gewöhnliche Wohnhäuser in vielen ländlichen Regionen des Urals und Sibiriens.
Sie dominieren auch heute noch einige einige Großstädte des Ostens wie z.B. das mittelsibirische Irkutsk. Der Prototyp wurde aus dem ursprünglichen quadratischen oder auch rechteckigen Bauernhaus geprägt und daraus weiterentwickelt.
Holz war zunächst einmal aufgrund seiner überragenden Isolationseigenschaften hervorragend für das kontinentale russische Klima mit seinen extremen Temperaturschwankungen geeignet: es trotze der Kälte des langen Winters und der Hitze der kurzen Vegetationsperiode – große Wärmeunterschiede wurden für die Hausbewohner erst verzögert im Innern spürbar.
Alle Einfallstore wie Türen, Tore und Fenster wurden mit facettenreich und häufig einzigartigen Holzschnitzereien geschmückt, die das Haus und seine Bewohner vor möglichen negativen Kräften und Mächten der äußeren Welt schützen sollten. Stilisierte Tiergestalten, geometrische Strukturen und Pflanzendekorationen betonen diesen mystischen und abwehrenden Charakter, der auch in späteren Jahrhunderten beibehalten und von Generation zu Generation durch die Handwerker und Zimmerleute weitergegeben wurde. Der reich geschmückte und kunstvoll geschnitzte traditionelle Fensterrahmens hat dabei zumeist die Funktion, die Lücke zwischen Fensterrahmen und der eigentlichen Wand des Holzhauses zu füllen. Er ist üblicherweise weiß gestrichen, während die eigentliche Hausfassade häufig charaktervolle satte Farbtöne zeigt.
Gerade im 18. und 19. Jahrhundert waren viele Städte östlich des Urals von der beschriebenen Holzbaukunst bestimmt und daraus folgend entsprechend feuergefährdet. Fast jede russische Stadtgeschichte berichtet von den verheerenden Feuersbrünsten, die zeitgleich mit der Vergrößerung der Städte über jede größere Agglomeration hereinbrachen. Im Zuge der Oktoberrevolution wurden Verwaltungs- und zunehmend auch staatliche Wohngebäude aus Stein und später aus Beton gebaut, so dass die traditionelle und moderne Bauweise heute oft direkt aufeinandertreffen und gerade im städtischen Zusammenhang starke Kontraste bilden.
Die ländlichen Holzhäuser werden heute entweder von in der Landwirtschaft tätigen Familien bewohnt, andere dienen der Stadtbevölkerung als Wochenenddatschen oder Sommerhäuser.